Die Autorin Anette Kast-Zahn („Jedes Kind kann schlafen lernen“) wurde einst in der Süddeutschen Zeitung gefragt, welche Tricks Eltern anwenden, um das Kind in den Schlaf zu begleiten. Die Antwort lässt schmunzeln, kommt aber manchem sicher ansatzweise bekannt vor: „Ein Paar hatte einen Fön über dem Bett angebracht, der musste eine halbe Stunde laufen, bis das Kind schlief. Auch nachts mehrmals. Und er musste tatsächlich blasen, nur das Geräusch von der CD wirkte nicht. Ein anderer Vater, 1,90 Meter groß, quetschte sich immer mit ins Kinderbett. Eine Mutter lag auf dem Lammfell davor. Das klingt seltsam, aber das waren alles liebevolle Eltern, die versuchten, ihr Kind zum Schlafen zu bringen.“
Anette Kast-Zahn bringt es auf den Punkt. Wir alle lieben unsere Kinder und wollen ihnen einen leichten Einstieg in einen erholsamen Schlaf ermöglichen. Nur wie geht das? Eins vorab: Der Schlaf von Kindern bzw. die Einschlafsituation spaltet die Elternschaft und zwar seit Generationen. Einschlummern auf Mamas Arm oder allein im Bett? Schreien lassen oder nicht? Im Elternbett oder im eigenen Kinderzimmer? Es gibt Bücher und Einschlafprogramme, gute Ratschläge von Großeltern und Freundinnen und einschlägige Internetforen. Sie alle haben eins gemeinsam: Sie bieten kein Patentrezept. Jedes Kind ist anders, jedes Elternpaar ist anders. In diesem Newsletter versuchen wir ein paar Tipps und Anregungen zu geben, ohne Gewähr für den sicheren Schlaf ?
Warum guter Schlaf so wichtig ist
Der Schlaf ist ein seltsames Ding. Man kann ihn nicht produzieren oder erzwingen. Ganz im Gegenteil. Je mehr wir ihn herbei sehnen, desto weiter rückt er in die Ferne. Dabei brauchen wir ihn doch so dringend – egal, ob Groß oder Klein. Der Schlaf erfüllt einige wichtige Funktionen für uns:
• Verarbeitung von Eindrücken: Während des Wachzustandes wird das Gehirn mit Reizen überflutet – in der Kita, bei der Arbeit und in der Freizeit. Überall nimmt unser Denkorgan Informationen auf, bewusst und unbewusst. Während des Schlafens speichert, verarbeitet, ordnet und löscht unser Gehirn diese Informationen. So entsteht ein Ordnungssystem und wir sind nach dem Schlafen wieder aufnahmefähig für den nächsten Tag.
• Festigung von Informationen: Während des Schlafens werden wichtige Tageseindrücke vom Gehirn gespeichert und gelangen vom Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis. Dort werden sie verarbeitet und langfristig abrufbereit gemacht.
• Stärkung des Immunsystems: In der Nachtruhe werden die meisten Stoffe zur Immunabwehr freigesetzt. Wenn wir krank sind, fühlen wir uns unter anderem deshalb müde und schlapp, weil der Körper Schlaf benötigt, um Abwehrstoffe gegen Bakterien und Viren zu bilden.
• Ausschüttung von Wachstumshormonen: Der Hormonhaushalt läuft auf Hochtouren, während wir schlafen. So ist das Muskelwachstum oder die Wundheilung zu dieser Zeit besonders aktiv. Gerade Kleinkinder und Babys haben dadurch ein erhöhtes Schlafbedürfnis, um wachsen zu können.
• Regulierung des Stoffwechsels: Stoffwechselprodukte, wie zum Beispiel der Harnstoff, der aus der Synthese von Nahrungsproteinen entsteht, werden während der Nacht verstärkt abgebaut. Auch der Fettstoffwechsel ist aktiv.
Wie viel Schlaf ist normal?
Während Mama und Papa im Mittel 7 bis 9 Stunden Schlaf brauchen, um die Akkus aufzuladen, liegt die Schlafdauer bei Kleinkindern weitaus mehr. Je älter das Kind ist, desto weniger Schlaf braucht es – so lautet die Faustregel. Doch auch hier gibt es Ausnahmen, denn jedes Kind ist anders.
Ein neugeborenes Baby hat einen Rhythmus von 5 bis 6 Schlafphasen über Tag und Nacht verteilt, in denen es jeweils ca. 4 Stunden schläft. Bei den meisten einjährigen Kleinkindern hat sich die Anzahl der Schlafphasen auf 3 verringert – einen längeren Nachtschlaf mit etwa 6 bis 8 Stunden Schlafdauer und noch 2 kurze Schlafperioden tagsüber. Mit 18 Monaten schlafen fast alle nur noch einmal am Tag und manche können mit 24 Monaten sogar schon ganz auf einen Mittagsschlaf verzichten. Zweijährige Kleinkinder kommen so im Durchschnitt auf 12 bis 13 Stunden Schlaf, Kinder mit 3 und 4 Jahren auf 11 bis 12 Stunden.
Übrigens: Wann Kinder mit dem Mittagsschlaf aufhören, ist individuell sehr verschieden. Nicht wenige machen mit drei Jahren noch gerne nachmittags ein Schläfchen. Und sogar unter den Grundschulkindern gibt es einige, die sich zumindest gelegentlich nachmittags noch hinlegen. Manche schlafen zwar mittags nicht mehr, brauchen aber zumindest noch eine kleine Ruhepause, in der sie sich zum Beispiel gemütlich aufs Sofa legen und in aller Ruhe ein Buch anschauen oder eine Kassette hören.
Der Einstieg in die gute Nacht
Ein anregender Tag, entspannte abendliche Abläufe, schöne Einschlafrituale und eine beruhigende Schlafumgebung sorgen für eine entspannte Nacht bei Kindern und Eltern.
Sicherheit am Tag für eine sichere Nacht
Gerade Kleinkinder haben noch ein starkes Bedürfnis nach Nähe und brauchen bei ihren eigenständigen Unternehmungen immer wieder die Bestätigung, dass sie sich geborgen und sicher fühlen können. Wenn Du dein Kind am Tag darin unterstützt, sich selbst auszuprobieren, und ihm die Nähe bietest, die es hierfür braucht, bildet dies zusammen eine gute Grundlage auch für den nächtlichen Schlaf. Denn beides ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich ein Kind auch in der Nacht weniger schnell verlassen fühlt und lernt, eigenständig wieder einzuschlafen. Zeig Deinem Kind vor dem Schlafengehen noch einmal ganz intensiv, dass es sich geliebt und geborgen fühlen kann.
Ausgelastete Kinder finden gut in den Schlaf
Anregung und Spielraum für eigene Erfahrungen, vor allem aber viel Bewegung an der frischen Luft sorgen für einen angenehmen Erschöpfungszustand – für Kinder das beste „Schlafmittel. Jedes Kind braucht ein gewisses Maß an Bewegung und das am besten draußen. Passt die Kleidung ist da auch das Wetter egal.
Aber nicht nur der Körper will tagsüber gefordert werden
Kinder benötigen auch Training für den Kopf – ob allein oder in Gesellschaft. So sind sie abends müde und im positiven Sinn erschöpft – die beste Voraussetzung um entspannt einschlafen zu können.
Gewohnte Abläufe tagsüber helfen auch abends in den Schlaf
Feste Strukturen und Routinen empfinden Kinder nicht als lästig, sondern ganz im Gegenteil als entlastend. Ein regelmäßiger Tagesablauf mit einigermaßen festen Zeiten für Essen und Spielen, Toben und Schlafen bietet Kindern Orientierung. Denn gewohnte Abläufe geben Kindern die Möglichkeit, sich auf das einzustellen, was sie erwartet. Wenn es feste Zubettgehzeiten gibt, werden sie nicht „plötzlich“ ins Bett geschickt, sondern allein schon durch den Ablauf auf das Schlafen eingestimmt. So mancher abendliche Konflikt um das Zubettgehen lässt sich hierdurch vermeiden.
Ausnahmen wie Urlaub und Wochenende sind natürlich drin. Danach brauchen viele Kinder aber ein paar Tage, bis sie wieder in ihren gewohnten Rhythmus zurück gefunden haben.
Kindern fällt es abends oft schwer, von der aufregenden Welt des Tages Abschied zu nehmen. Mit diesen Tipps fällt es vielleicht etwas leichter:
• Bewegung an der frischen Luft und geistige „Anregung“ machen müde.
• Abends schwere Mahlzeiten und anregende Getränke wie Tee und Cola vermeiden. Zwischen dem Abendessen und Zubettgehen sollte mindestens eine Stunde liegen.
• Ruhiger Tagesausklang: In der letzten Stunde vor dem Zubettgehen sollten starke Reize wie wildes Toben und Spielen, vor allem aber Bildschirmmedien wie Fernsehen oder Tablet vermieden werden.
• Regelmäßige Einschlafrituale wie Singen, Vorlesen oder Musikhören einführen.
• Feste Zubettgehzeiten einhalten (Ausnahmen: Wochenende, Urlaub).
• Eine gemütliche und dem Geschmack des Kindes entsprechende Schlafumgebung schaffen (ändert sich im Laufe der Jahre).
• Kuscheltiere, Schnuffel- oder Schlaftuch sind ein gern beschmuster „Elternersatz“ für das Kind und sollten immer griffbereit sein.
Müde bin ich…. – Schlafen bei uns in der Kita
Bei uns in der Krippe spielt der Mittagsschlaf bzw. die Mittagsruhe eine ganz wichtige Rolle. Am Vormittag wird der Schlafraum mit seinen verschiedenen Ebenen als kleine Bewegungslandschaft zum Rollenspiel oder zum Toben genutzt. Manchmal dient er auch als ein Rückzugsort.
Nach dem Mittagessen wird der Raum zum „Schlummerreich“. Es werden von uns Matratzen ausgelegt und für eine gemütliche Atmosphäre gesorgt. Jedes Kind hat seinen eigenen Schlafplatz und hat dort alles, was es zum Schlafen benötigt. Wir greifen die Einschlafrituale von zu Hause der Kinder auf. Auch die Schlafgewohnheiten werden berücksichtigt, manche Kinder benötigen einen Schnuller oder einen Schlafsack, ein Kuscheltier, ein Schnüffeltuch etc. Die Schlafposition spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Wir hören oftmals die Frage: „Wie kann das sein, dass alle Kinder gemeinsam in diesem Raum schlafen?“ Viele Faktoren sind wichtig. Ein entscheidender Faktor ist, dass wir die bedürfnisorientierte Begleitung der Kinder gewährleisten. Manche Kinder brauchen unseren Körperkontakt zum Einschlafen, anderen reicht es ihr Kuscheltier oder Schnüffeltuch zu haben. Unsere neuen Kinder schlafen zum Teil noch auf dem Arm ein. Die Krippenkinder kommen nur dann zur Ruhe, wenn sie sich in einem sicheren Umfeld befinden, dieses ist nur durch die bedürfnisorientierte Begleitung möglich. Nach kurzer Zeit schlummern die „Kleinen“ dann ein. Auch der richtige Schlafzeitpunkt ist von Bedeutung. Für uns ist es manchmal eine Herausforderung, diesen zu erkennen. Natürlich legen wir die Kinder dann hin, wenn sie es benötigen. Dieses kann auch am Vormittag sein.
Die Zeit kurz vor dem zu Bett gehen, spielt eine wichtige Rolle. Es gibt ein tägliches Ritual. Nach dem Essen, setzen sich alle Kinder auf unseren Teppich und sie erhalten dann von uns ihren Schnuller, das Kuscheltier usw.. Das findet in einer ruhigen und entspannten Atmosphäre statt und dient zum Einläuten der Schlafenszeit. Danach gehen wir gemeinsam in den Schlafraum und jedes Kind legt sich auf seinen Platz. Es wird dann liebevoll in die Schlafposition gebracht und zugedeckt.
Warum ist der Mittagsschlaf so wichtig?
Damit Kinder sich gesund entwickeln und ihre Umwelt aktiv erleben können, müssen sie ihren individuellen Schlafbedarf nachgehen. Nach dem Einschlafen fährt der Körper seine Aktivitäten herunter, damit das Gehirn die Eindrücke des Vormittags verarbeiten kann. Neues Wissen wird gefestigt und abgespeichert, Organe reifen, während der Körper im Schlaf wächst. Der Schlafbedarf des Kindes hängt von vielen Faktoren ab und ist sehr individuell. Wird dem nicht ausreichend nachgegangen, zeigen sich typischen Anzeichen von Übermüdung. Dieses hindert die Kinder an der aktiven Teilnahme am Spielgeschehen.
Nach der Schlafenszeit interessiert sich das Kind wieder für neue Dinge und kommuniziert mit den anderen Kindern. Ausgeruht sind die „Kleinen“ bereit für neue Eindrücke, können ihr Umfeld erforschen und freuen sich dann von ihren Eltern wieder in die Arme geschlossen zu werden.