Jan (2, fast 3) läuft der Schnodder aus der Nase, die Augen sind gerötet und die Tränen kullern über die Wangen – der kleine Junge erholt sich gerade von einem Weinkrampf auf dem Arm von Erzieherin Sontka. Jan ist zu Beginn dieses Krippenjahres ein „schwerer Fall“. Lange war er wegen Corona nicht in der Einrichtung und jetzt – mit Einsetzen des Regelbetriebs – sind auch noch 6 neue Kinder in der Krippengruppe, die mit der Eingewöhnung zu kämpfen haben.
„In diesem Jahr waren die ersten Wochen ganz besonders schwierig“, erzählt Mitarbeiterin Sontka. Das neu zusammen gesetzte Team der Halbtags-Krippe war mit „alten“ Krippenkindern konfrontiert, die aufgrund der Corona-Pandemie eine teils monatelange Pause vom Kita-Alltag hatten, sowie mit „neuen“ Kindern, die mit der Eingewöhnung starteten. „Nicht alle unserer Neuzugänge hatten Vorerfahrungen mit einer Betreuung außer Haus“, so Sontka. Einige verbrachten den ein oder anderen Vormittag bei Oma und Opa, wenige im Spielkreis. Für die Neuankömmlinge war die Krippensituation also eine neue.
Ein weiteres „Problem“ stellte die hohe Anzahl überbesorgter Mütter da. „Wir mussten in diesem Jahr sehr viel mit den Mamas arbeiten und ihnen die Sorge und Angst nehmen“, erinnert sich die Erzieherin. Die Mütter würden schon in dem jungen Alter enorm viel von ihren Kindern in der Öffentlichkeit erwarten, etwa, dass sie beim Essen sitzen bleiben oder aufessen würden. Darüber hinaus seien viele Eltern sehr sensibel und vorsichtig, fast unsicher, was den Umgang mit ihren Kindern angehe. Sie trauten ihrem Nachwuchs wenig zu, säßen über Wochen hinweg während der Eingewöhnung it im Raum, könnten sich nicht trennen. „Aber Eltern müssen loslassen können und uns vertrauen, damit ihre Kinder gut in den Krippenalltag kommen“, weiß Sontka.
Schaffen Eltern das nicht, verunsichern sie ihre eigenen Kinder, geben ihnen das Gefühl, etwas stimme nicht mit diesem Ort. Im schlimmsten Fall färbt das auch auf die „alten“ Kinder der Gruppe ab und es entwickelt sich ein Kreislauf aus Unsicherheit und Unwohlsein. In dem befindet sich an diesem Tag auch Jan auf Sontkas Arm. „Für ihn ist es einfach total unverständlich, warum seine Mama nicht mit in die Kita darf, andere Mütter aber wohl“, weiß Sontka. Gut zwei Wochen später, als alle Kinder eingewöhnt sind und die Eltern die Einrichtung verlassen haben, entspannt sich übrigens auch die Situation mit Jan – das Weinen hört auf, der gewohnte Krippenalltag ist eingekehrt – beruhigend für Erzieher, Kinder und Eltern.
Aus unserer Krippen-Praxis haben sich folgende Tipps und Strategien für solche Phasen bewährt:
- Das Erst-Gespräch: „Das Ah und Oh ist ein gutes Erstgespräch, um den familiären Hintergrund , die Geschichte, Sorgen und die Befindlichkeiten der Eltern kennen zu lernen“, so Sontka. Dabei stelle sich schnell heraus, wer wie viele Zuspruch benötige, wer unsicher sei und eventuell mehr Informationen brauche, um loslassen zu können.
- Absprachen im Team: Wichtig ist der Austausch zwischen den einzelnen Kollegen. Wie lief es mit dem jeweiligen Kind am Tag, wie können wir ihm den nächsten Tag/Abschied eventuell erleichtern. „Manchmal ist es leichter, wenn die Väter die Kinder in die Krippe bringen, sie sind manchmal einfach klarer und nicht so emotional“, weiß Krippenkraft Sontka aus Erfahrung.
- Staffelung der Bringzeiten zur Entzerrung der Ankommenssituation – das entlastet Eltern, Kinder und Erzieher.
- Aufteilung der Bezugskinder schafft klare Zuständigkeiten.
- Jedes Kind muss individuell und einzeln gesehen werden, jedes Kind braucht seine eigene Zeit, seinen eigenen Rhtyhmus und hat seinen eigenen Moment, um die Eltern loszulassen.
- Die Eltern ernst nehmen und ihre Ängste verstehen, aber auch klare Grenzen setzen. Statt die Eltern über Wochen mit im Gruppenraum sitzen zu lassen ist es wichtig ihnen Sicherheit zu vermitteln und sie somit zum Gehen zu bewegen. Irgendwann muss ein klarer Strich gezogen werden, damit die Eltern loslassen und der jeweilige Gruppenalltag starten kann.
Was sind Eure Erfahrungen mit solchen Situationen? Welche Strategien haben Euch geholfen? Wir freuen uns über Eure Tipps und Erfahrungen – gerne unter info@pinguin.tv!